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SES

Erster regulärer Schultag,Technik, Sonderpädagogik

„Wir heißen den SES-Experten Professor Ralp Diehm herzlich willkommen!”  

Dieses Banner, quer über die Eingangshalle gespannt, begrüßte und überraschte mich. Unglaublich, welche Mühe man sich hier macht, um Respekt und Freude mitzuteilen. 

So begann mein erster „Arbeitstag“ in der Schule: Beobachtung in Einzelförderung, Übernahme einzelner Fördersequenzen, Rückmeldung an Lehrer und Eltern. Dazu eine Mutter, die ständig den Kontakt zu mir suchte und mich zuletzt fragte, ob ich Sie in meinen WeChat-Messenger aufnehmen würde. Ich habe freundlich mit der Begründung abgelehnt, dass ich WeChat in Deutschland nicht nutzen könne.

Die Palette der Kinder und Eltern ist mit der in Deutschland leicht zu vergleichen. Mehr unter der Rubrik „Sonderpädagogik“.

Zwischendurch gabe es eine Überraschung (oder sollte ich besser sagen; einen Test?). 5 Lehrerinnen brachten mir einen Snack, wie immer starkt gewürzt. Ein Kind und auch ein paar Lehrerinnen knabberten schon daran und mir wurde ein Stück Undefinierbares angeboten. Neugierig wie ich bin, hatte ich zugegriffen und beim Essen erfahren, dass ich Entenzunge esse. Von den dann angebotenen Entenfüßen habe ich freundlich Abstand genommen. Die für uns so fremde chinesische Küche lässt sich durch die Hungersnöten erklären, die dieses Land in mehreren Epochen durchmachen musste, zuletzt beim „großen Sprung nach vorne“ von 1958-1961 in dessen Folge bis zu 45 Millionen Menschen verhungerten. Alles was irgendwie essbar war, wurde stark gewürzt verspeist.

Zum Schaudern habe ich Zunge und Füße fotografiert. 

 

Technik in China

Chinesen sind wirklich technikaffin. Jeder hat ein Handy mit dem elektronisch bezahlt wird. Auf dem Markt bezahlt man damit einen Apfel. Über einen Fernsehbericht sah ich, dass selbst ein Bettler sich über Handy bezahlen ließ (Bettler habe ich hier keine gesehen). Um zu bezahlen, nutzt man einfach den QR-Code an der Kasse oder scannt den auf dem Handy des Verkäufers und schon ist die Bezahlung komplett. 

Alle Dinge des täglichen Gebrauchs, Essen, Getränke und selbst Prostituierte (so ganz diskret Bruce zu mir) lassen sich digital bestellen (und natürlich digital bezahlen).

Das Handy wird immer gebraucht. Selbst die Lehrer zücken dies hin und wieder in der Schule. Wie selbstverständlich sind in der Schule die Handys mit den Lautsprechern gekoppelt, so dass die Kinder mit Musik beschallt werden können (natürlich sehr laut). 

Handys und TV bestimmen den Alltag der Kinder. Selbst die kleinsten und auch Kinder mit Autismus und geistiger Behinderung bedienen ein Handy, scrollen gekonnt durch Menues bis zum gewünschten Spiel. 

Mein WLan im Hotel wird automatisch aktiviert, wenn ich die Zimmerkarte in den dafür vorgesehenen Slot schiebe. Das Gerät, das ich in meinem Schrank habe, scheint wohl ein Router zu sein. 

Die Installation von öffentlichen Kameras bereitet der Bevölkerung keine Probleme. Bruce selbst ist davon überzeugt, dass dies eine hilfreiche Einrichtung sei, um für Sicherheit zu sorgen. Dass Sicherheit eine große Rolle spielt, zeigt sich u.a. in den bis zum obersten Stockwerk vergitterten Fenstern von Hochhäusern. Überall da, wo Fenster geöffnet werden können, sollten Gitter angebracht werden „Damit niemand herunterfallen kann“, so die Erklärung.

Das chinesische Pendant zu Uber wird fleißig benutzt, klappt wunderbar und scheint ausgesprochen billig zu sein. Wir haben nie länger als 3 Minuten warten müssen, bis das private Auto uns abholte. Die Fahrt vom Hotel zu Ninas Schulstandort kostet weniger als 1 Euro.

 Internet und Kommunikation mit Deguo (Deutschland)

Dass das Internet kontrolliert wird, ist deutlich zu merken. Sämtliche Googleanwendungen sind gesperrt. Internetseiten, wie zum Beispiel die vom Spiegel und von der Tagesschau, sind nicht zu erreichen. Die „Welt“ kann ich hier lesen, die Neue Westfälische nicht. Versteht einer da eine Logik? Hingegen funktioniert der Radioempfang (z. B. Deutschlandfunk) einwandfrei.

Messengers wie Signal, Threema und die von Apple funktionieren ebenfalls problemlos. Facetime (für Androids: das ist Skype für Apple) macht es mir möglich, mit der Familie täglich zu sprechen! 

Filme von Amazon werden mir hier mit dem Hinweis angezeigt, dass diese in diesem Land nicht zur Verfügung stehen. Das gilt selbst für Zeichentrickfilme. Netflix-Filme, die ich in Deutschland heruntergeladen habe, kann ich seit gestern nicht mehr sehen.

Noch vor meiner Abreise hatte ich mit dem Gedanken gespielt, ein VPN-Client speziell für China zu kaufen. Mit dem, was ich hier habe, komme ich jedoch klar und vermisse nichts. 

Hinweis zum Blog

Wer über den Blog mich erreichen will, bekommt den Hinweis, dass wegen erhöhtem Spamaufkommen, der Kontakt nicht möglich ist. Wer mich kontaktieren will: über meine private Mailadresse kann man mich in China erreichen!

 Sonderpädagogik

Die größten Probleme bereiten verhaltensauffällige Kinder, die meistens gewohnt sind, ihren Willen durchzusetzen. Wird dem nicht nachgegangen, kommt es zu extremem Verhalten. Mir selbst hat heute ein kleiner Knirps spontan die Brille von der Nase geschlagen als ich ihn daran hinderte, wahllos Gegenstände aus einem Regal zu klauben. Der Junge versuchte mich zu schlagen, zu treten und zu zwicken. Fragt man die Mutter, zeigt der Junge dieses Verhalten nur in der Schule. Zuhause ist er das liebste Kind. (Renate und Julia: das kennen wir, gelle?)

Die Palette an Verhaltensstörungen ist recht groß und sie zeigt sich bei längeren Konbtakten zu einzelnen Personen reduziert aber meist deitlich stark, wenn eine fremde Person den Kontakt sucht. In meinen Empfehlungen, die ich am Ende meines Aufenthaltes dokumentiere, wird der geplante Wechsel von Bezugsperson - und sei er nur für kurze Zeit - hilfreich sein, um die Stabilität der erreichten Niveaus überprüfen zu können.

Bauchschmerzen bereitet mir noch die Arbeit der Schulstandorte in Bezug auf Unterricht in größeren Gruppen. Von der Lautstärke hatte ich ja schon berichtet. Mein Schwerpunkt ist die Arbeit in Ninas Schulstandort der kleinen Kinder. Hier konnte ich ein Ritual sehen, wo einzelne Kinder sich vor der Gruppe mit Namen vorstellen sollten. Weder die (nicht) zuhörenden Kinder, noch deren Eltern nahmen Anteil an dem, was vorne versucht wurde. Die anschließende Einzelförderung durch die Eltern war ebenso sinnlos, da die meisten Eltern die Aufgaben der Kinder lösten und das Material sehr begrenzt war bzw, ist. 

Morgen werde ich einen Gruppenunterricht versuchen, der zum Ziel hat, den Kindern mal einen ruhigen Einstieg zu bieten. Im Rucksack befinden Smarties (zur Korruption) und ein Häschen (zur Motivation). Über Ersteres (Korruption) werde ich in einem weiteren Blog berichten. Letzteres (das Häschen) kam heute schon aus meinem Rucksack und da durfte ich erfahren, dass chinesische Kinder dazu erzogen werden, Tiere wegen übertragbarer Krankheiten, nicht anzufassen (aber die Viecher essen, egal welche und was davon, das geht!!!). 

Ich schätze mal, dass ich heute zeigen kann, dass auch ein “Professor” nur ein Mensch ist.

 

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