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SES

Werbung mit Li Di oder Ralp Diehm und ein Seminar Sonderpädagogik

Dass meine Anwesenheit in gewisser Weise auch Werbezwecken dienen könnte, war mir vor Beginn der Reise schon klar. Erstaunt hat mich die Intensität, mit der meinetwegen geworben wird. Inzwischen ist der weitere Schulstandort neben meinem Hotel (an einer verkehrsreichen Straße) mit meinem Konterfei ausgestattet. Ein weiteres rotes Banner begrüßt Ralp Diehm.

 

  

Auf dem Standplakat sind Ganztagsschule am Lönkert, Erich-Kästner-Schule in „Hayesawinkel“ und Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung in lateinischen Buchstaben verewigt.

Heute, Montag, 16.09., Wurde ich durch den lokalen Fernsehsender interviewt. Etliche Aufnahmen wurden dazu gedreht (Li Di als Beobachter, Li Di als Berater, Li Di mit einem Kind) und zuletzt das Interview. Hier hatte der Kameramann ein kleines Problem, das er zu lösen wusste. Ich habe ihn natürlich fotografiert.

In offiziellen Anlässen werden keinesfalls negative Aspekte benannt. Es ist hierzulande ungeschriebenes Gesetz, niemanden in der Öffentlichkeit das Gesicht verlieren zu lassen. Ich musste mich nicht verbiegen und konnte im Interview das hohe Engagement der Schule deutlich hervorheben. 

Sonderpädagogik

Nach den schon beschriebenen Einzelbeobachtungen mit Beratung von Lehrern und Eltern stehen immer mehr Probleme des Unterrichts in größeren Gruppen im Vordergrund. Ich hatte hierzu ein Konzept zu Papier gebracht, das vom Dolmetscher übersetzt wurde. Einerseits beschäftigte mich dabei die Rolle und Funktion der Eltern, andererseits die wenig kind- und altersgerechte Struktur des Unterrichts.

In der Regel beginnen die Lehrerinnen Unterricht in Gruppen so, dass die Schüler namentlich aufgerufen (teils geschrien) werden. Die Kinder sollen dann mit ausgestrecktem Arm und Handkante zeigend „Hier“ rufen (Makarenko und sozialistisches Erbe grüßen). In der Regel ergreifen die Eltern, hinter ihren Kindern sitzend, die Arme der Kleinen und reißen die in die Höhe. Dann wird dem Kind von hinten mal lauter mal leiser das „Hier“ vorgesagt. Ist dies geschehen, sollen ein bis zwei Kinder die anwesenden mit „Guten Tag“ begrüßen, was weder Interesse noch irgendeine Motivation zur Folge hat. Im Gegenteil: die angesprochenen Kinder sind mit allem beschäftigt, nur nicht mit diesem Ritual.

Das Ganze findet in großer Lautstärke statt und fördert weder Aufmerksamkeit noch Konzentration für weiteren Unterricht, der dann an den Kindern weiter vorbei geht. 

 

 

Heute neben Interview und weiteren Beobachtungen in Einzelförderungen also kurz ein Seminar mit den Lehrerinnen mit den folgenden Inhalten:

Ich glaube, dass ich an anderer Stelle bereits die Idee der Begleitung von einzelnen Eltern durch eine weitere Lehrkraft geschildert habe. Für den Fall, dass nicht, kurz:

Ein Elternteil soll über einen Zeitraum von 2 Tagen von einer Lehrkraft angeleitet werden, mit dem Kind angemessen zu agieren. Bei 10 Kindern wären 20 Tage dafür vorzusehen. Sind die Eltern „geschult“, kann nach und nach mit einer kindgerechten Strukturierung von Unterricht begonnen werden. Beginnend mit dem Einüben von Ritualen als da wären beispielsweise kurze Spielzeit, leise Musik als Zeichen für Ende Spielzeit, aufräumen, Beginnen mit einem Sitzkreis, gemeinsam ein Lied singen, Kopf auf Tisch (schlafend), wecken durch Berührung usw. 

Gerade das Beruhigen (Schlafen) wollten die Lehrerinnen in der Rolle als Schüler erleben. Ich denke, dass es mir durch mein bewusst leises Sprechen und durch die angenehme Musik (Andreas Vollenweider) gelungen ist, die Atmosphäre zu verdeutlichen, die Gruppenunterricht erleichtert. Hinzu konnte kommen, dass ich auf gezeigtes deutlich positives Verhalten entsprechend positiv reagiert und bewusst negatives ignoriert habe. 

Dass wir im weiteren Unterricht individuelle kurz-, mittel- und langfristige Ziele verfolgen und daher das Material und Sozialform entsprechend differenziert werden muss, hat sicher viele Fragen in diesem System aufgeworfen, dessen Tradition noch sehr mit dem sozialistischen Einheits- und Gleichheitsgedanken verbunden ist. 

Es versteht sich von selbst, dass ich meine Vorschläge als Möglichkeit darstelle und deutlich darauf hinweise, dass das Kollegium frei sein muss, diese zu diskutieren und eigene Ideen zu entwickeln, wie der Alltag alters- und kindgerechter strukturiert werden kann. 

Nach einem arbeitsreichen Tag freue ich mich jetzt auf eine ruhige Nacht (dafür sorgt stets Oropax, was ich wegen der Huperei hier dankbar in meine Ohren pfropfe). Gute Nacht!

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