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SES

Wochenende, Ohrenreinigung, Massage durch Blinde und ein Wunder

Samstag

Nach der anstrengenden Woche stand Entspannung auf dem Programm. Lange schlafen, etwas essen und ein Spaziergang am Samstagnachmittag taten gut. Bevor es zum Abendessen ging , konnte ich meine Fähigkeit, Tee nach chinesischer Art zuzubereiten, bei ordentlichem Duftqualm unter Beweis stellen. Der Qualm kam nicht aus einem Stäbchen sondern aus einer auf Zigarrendicke gerollten Papierrolle. Man könnte fast meinen, der Geist des Tees hat mich in Besitz genommen.

Abends leckeres Hot-Pot-Essen. Das Neue: an einer Theke mischt man sich Diverses selbst zu einer Soße zusammen, in der die gegarten Innereien, das Gemüse, verschiedene Sorten Tofu und etwas Fleisch getunkt werden. Fragt mich nicht, was ich mir da zusammengemixt habe - ich weiß es wirklich nicht. Geschmeckt hat meine Mischung aber wirklich gut.

Wer erraten kann, was unten als Spezialität dargeboten wurde, bekommt von mir einen Preis (ausgeschlossen von diesem Gewinnspiel ist meine Famile - die ist informiert).

Vor dem Garen und danach:

Na, was ist das wohl? Antworten bitte per Mail an mich!

Für die, die sich unter einem Hot Pot nichts vorstellen können, links der Pott mit kochender scharfer und mittelscharfer Brühe, rechts was in die Brühe kommt.

Während des Essens gab es eine Showeinlage durch einen Artisten, dessen Kunst unter anderem darin bestand, seine Masken blitzschnell zu wechseln. Er konnte es nicht lassen, mich extra zu begrüßen.

Zuletzt noch eine Aufnahme für den Besitzer des Restaurants, freundliche Zeilen meinerseits zum Essen und zur Bedienung auf einen Zettel geschrieben, einem kleinen dicken Jungen, der den Mut hatte, mich mit „Hello“ zu begrüßen und nach meinem „Hello“  blitzschnell verschwand - und schon war ein schöner Abend vorbei.

Sonntag

Bereits um 8 Uhr habe ich mich auf den Weg in den Park gemacht, um das für uns doch so fremde Spektakel noch einmal zu sehen. Von drei Posaunenbläsern wurde ich sogleich wieder erkannt und mit Hallo begrüßt. Dazu gab es eine extra Einlage, die gemischt mit Karaoke-Gesang und unterschiedlicher Musik aus verschiedenen Lautsprechern zu einem musikalischen Genuss besonderer Art führte. Eine Tonaufnahme habe ich meiner Familie geschickt. Hatte ich Tai-Chi, Chi-Gong, Streckübungen, Tanz - halt das ganze Shaolingedöns - schon letzte Woche gesehen, entdeckte ich neue Übungen: das Schütteln des Bauches mit beiden Händen unterhalb des Nabels, das Schlagen einer Hand mit der Faust und das laute Klatschen in die Hände! Letzteres selbst beim Lesen von Plakaten. 

Ich werde von meinen Freunden hier gefragt, was wir in Deutschland denn zum eigenen Entertainment machen würden - naja, ich hatte den Eindruck, dass diese innerlich ihr Bedauern aussprachen. Mit soviel kollektivem Entertainment können wir wirlich nicht aufwarten!

Ohrenreinigung

Dass in China professionell Ohren gereinigt werden, hat lange Tradition. Heute hatte ich das Vergnügen. In einem Geschäft mit etlichen Kabinen lagen mehrer Personen, die behandelt wurden. Jede Liege, die mir freundlich zugewiesen wird, muss erst von der Wand gerückt werden, damit ich mich der Länge nach auch hinlegen kann. Meine Ohren sind nun tiefengereinigt. @ Hedi: Mache Dir keine Hoffnungen! Ich höre jetzt nicht besser!

Massage durch Blinde

Blinde Menschen sind in Bezug auf Massage gefragt. Die scheinen die einzigen Menschen mit Behinderung zu sein, die eine berufliche Perspektive haben können. Heute durfte ich mich von einem blinden Mann massieren lassen. Die Massage geschieht mit angezogener Kleidung auf die ein Tuch gelegt wird. Ehrlich gesagt, habe ich keinen Unterschied zu bisher erlebten Massagen erkennen können, mit Ausnahme, dass der ganze Körper behandelt wird. Nein, der Intimbereich wird ausgeschlossen! Ein Schelm, der jetzt was anderes dachte!

 

Ein Wunder

Nina schwärmte von einer chinesischen Ärztin traditioneller Medizin, die allein durch Pulsmessung den ganzen Körper scannen könne. Ich müsse die unbedingt kennenlernen zumal wir mit dieser Person zu Abend essen würden. Frau Wei, so heißt die Ärztin, scannt für umgerechnet 100 €. Da habe ich natürlich mein Veto eingelegt. Wie dem auch sei: Wir sitzen beim Essen, da kommt Frau Wei mit 4 weiteren Personen und es kommt spontan zu einer herzlichen Begrüßung zwischen uns, wie ich sie bislang hier noch nie erlebt habe. Fotoshooting inbegriffen. Eine ausgesprochen herzliche und sympathische Frau, mit der ich mich prächtig per App unterhalte (sie war schon in Deutschland). 

Nun, nach einiger Zeit, bot sie mir an, meinen Puls kostenlos zu fühlen.

Und was soll ich sagen? Sie gibt mir genau die Diagnose, die mein Kardiologe vor meiner Abreise gestellt hatte: Ich habe eine kleine aber unbedeutende Kalkablagerung in der rechten Lunge und eine in der rechten Halsschlagader; ansonsten bin ich gesund! Unglaublich! Darüber habe ich noch nachzudenken! Frau Wei lernt seit 21 Jahren, ist für die westliche Medizin aufgeschlossen und hat schon etliche Länder bereist. Viele westliche Patienten suchen ihren Rat und Hilfe. Alle Anwesenden sehen sie mit höchster Bewunderung an. Da habe ich eine besondere Person kennen gelernt - ein weiterer Anlass, meinen Gastgebern für die Erlebnisse des heutigen Tages besonders zu danken.

Zum Schluss kurz was zum Grillrestaurant, in dem wir waren: Vor dem Restaurant wird Holzkohle erhitzt. Im Restaurant sind Tische mit eingelassenen gusseisernen Töpfen. In diese wird die heiße Kohle gefüllt. Ein gusseiserner Deckel, auf den Backpapier gelegt wird, dient als Grillfläche. Damit niemand eingeräuchert wird, wird der Rauch bzw. Dämpfe vom Grillgut über ein Rohr, das über dem Decker angebracht ist, abgesaugt. Ob das der Brandschutz in Deutschland überhaupt genehmigen würde? Ich glaube nie und nimmer!

 

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